Notizen |
- Erlenhof bei Mappersheim (Zweigeschossiges Herrenhaus über Bruchsteinsockel mit Haubenwalmdach und zweiläufiger Freitreppe)
zu Tochter Helena Dorothea:
" In Goethe`s Warheit und Dichtung erscheint diese uns stets rätselhafte MAMSELLE DELPH als DEMOISELLE DELPH vielleicht gewesene Schauspielerin, die GOETHE mit seiner LILLY ohne Zeremonien zusammengab, ihn auch für den badischen Fürstedienst gewinnen wollte, und ihn nach der Belagertung von Mainz als Freund empfing, wobei SCHLOSSER anwesend war. Dieser ihrer heroischen Art blieb sie treu, als sie mich KARL FRIEDRICH vorstellen wollte, al sie brucer FWERDINAND mit fräulein SCHEWE ganz prosaisch verkuppelte, ihn weidlich auslachte, wen er ihr seine täglichen Fortschritte in meiner gegenwart erzählte; ´der Apothekernarr` sagte sie."...
"Ohne ein allzukleinliches Bild jener Tante (Helena Dorothea Delph)zu zeichen, bemerke ich zur Ergötzung der Leser: Sei war, als sie noch ihr Schnitwarengeschäft in Lyoner Seidenstoff betrieb, listig und energisch genug, Diebe zu wittern, zu fangen und einzuliefern. Sie war wissenschaftlich beinahe gelehrt, fromm ohne Muckerei, imponierrend bis zur Lächerlichkeit.
Sie hatte viele Bekantschaften und knüpfte dreist an, wo sie derer begehrte. Standhaft im Haß, kalt in der Zuneigung, lebte sie isoliert mehr bei den Entfernten und Toten, als bei den Anwesend Lebenden. Zuweilen besuchte sie den edlen Schwärmer JUNGSTILLING, um über seine Geistseherei zu spotten; verehrte dagegen LAVATER, KLOPPSTOCK, HALLER, GELLERT und den alten RABNER, betete laut mit Pathos ZOLLIKOFERS (1) Gebete, während PITT, VOLTAIR, ROUSSEAU keine Gnade fanden vor ihrem Urteil. Schwazer Kaffee, feinster Marokko Schnupftabak waren ihre Reizmittel."
aus ´Lebensbilder` von Carl Heinrich Ferdinand Henking
(1) Anmerkung Gisela Strauss: Evtl. dieser Zollikofer und diese Gebete gemeint:
ZOLLIKOFER: Georg Joachim "Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauch für nachdenkende und gutgesinnte Christen"Leipzig : bey M.G. Weidmanns Erben und Reich ; Leipzig : in der Weidmannschen Buchhandlung, 1785 /1789/1792
Dorothea Delph (* um 1730 in Heidelberg; † 20. Oktober 1808 ebenda) war eine selbständige Kauffrau (in der zeitgenössischen Literatur als „Handelsjungfer“ bezeichnet) in Heidelberg, die als „mütterliche Freundin“ Goethes bekannt wurde. Goethe besuchte sie mehrmals in Heidelberg. Im Herbst 1775 versuchte Dorothea Delph, Goethe durch eine Heirat an den Mannheimer Hof zu binden. In ihrem Haus in Heidelberg erreichte Goethe aber der Bote Herzog Carl Augusts von Sachsen-Weimar-Eisenach. Goethe folgte der Einladung nach Weimar, wodurch sich die Heiratspläne zerschlugen.
Dorothea Delph, von Goethes Mutter in einem Brief an die Herzogin Anna Amalia als „die politica Delphin“ bezeichnet, war in geheime diplomatische Aktivitäten verwickelt. Sie stand mit der preußenfreundlichen Partei am Mannheimer Hof, die den Plan Kurfürst Carl Theodors, Bayern an Österreich abzutreten, verhindern wollte, in Verbindung. So fungierte sie als Mittelsfrau zwischen dem preußischen Hof und der preußenfreundlichen Partei in Mannheim. Zugleich gehörte sie zu den Vertrauten Herzog Carl Augusts. Goethe erwähnt sie mehrfach in Dichtung und Wahrheit.
Aber: Sie ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau. 1760 übernimmt sie zusammen mit ihrer älteren Schwester Sibylle das Geschäft ihres Bruders. Sie handeln mit Lyoner Seidenstof-fen. Von den Schwestern ist Dorothea offensichtlich die aktivere, die treibende Kraft.Um geschäftliche und gesellschaftliche Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, besucht Dorothea Delph die Messen in Frankfurt. Sie hält den Kontakt zu Banken und Handels-häusern, aus dem sich oft ein über das geschäftliche hinausgehender privater Kontakt entwickelt. Sie zeichnet die Geschäftsvorgänge und natürlich in juristischen Streitfragen. 1782 kann sie das Haus in der Hauptstraße 196 erwerben – so gut prosperiert das Geschäft, das sie erst mit 72 Jahren im Jahre 1800 aufgibt
An Goethes Aufbruch nach Weimar aus ihrem Haus erinnert eine Gedenktafel am Haus Hauptstraße 196 in Heidelberg (am Marktplatz). Allerdings ist diese Zuordnung fehlerhaft, da Dorothea Delph im Jahr 1775 dieses Haus noch nicht bewohnte.
Bekannt ist Dorothea Delph wegen ihrer Freund-schaft zu Goethe. Immer, wenn er in Heidelberg weilt, besucht er seine alte Freundin. Doch die Freundschaft ist weniger durch die Begeisterung für sein Werk geprägt – Doro-thea Delph ist keine „Goe-thepriesterin“. Sie versteht sich eher als Schicksalsma-cherin seines persönlichen Lebensweges. Zweimal bahnt sie eine Verlobung für ihn an, sie unterstützt seine geplante Reise nach Italien, um in der Zwi-schenzeit für seine Karriere am Mannheimer Hof zu sorgen. Wenn sie sich das so ein-fach zutraut, muss sie einen ganz schön weitläufigen und einflussreichen Bekannten-kreis haben. Und in der Tat verkehrt sie mit Dichtern ebenso wie mit HeidelbergerInnen der höheren Gesellschaftsschicht. Es ist anzunehmen, dass ihre Unterhaltungen ein ho-hes Niveau erreichen, denn ihr Großneffe berichtet, dass sie „wissenschaftlich beinahe gelehrt war“.Doch diese scheinbare Wertschätzung ist – zumindest aus heutiger Sicht – mit deutlicher Abwertung gekoppelt. Noch einmal ihr Neffe: „Sie hatte viele Bekanntschaften und knüpfte dreist an, wo sie diese begehrte.“ Goethe charakterisiert sie als eine „Person, die, ohne gerade intrigant zu sein, immer ein Geschäft (hatte), Andere beschäftigte und bald diese bald jene Zwecke durchführen wollte. Eigentlich hatte sie keine egoistischen Zwecke: etwas gethan, etwas vollbracht, besonders eine Heirat gestiftet zu haben, war ihr schon Belohnung.“
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